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Begriffsfindung

Der Begriff Lotse war erstmals in einem preußischen Gesetz, dem Reglement über den Lotsendienst auf dem Rhein innerhalb Preußens, am 24. Juni 1844 enthalten. Davor hießen sieSteuermann.[1] Da der Mittelrhein als Schifffahrtsstraße im Gegensatz etwa zur Mosel weitgehend natürlich belassen wurde, ändert sich das Fahrwasser ständig. In der Gebirgsstrecke hatte der Fluss das größte Gefälle, die stärkste Strömung und gefährliche Klippen. An der Loreley hatte der Fluss ursprünglich bis zu den umfangreichen Ausbaumaßnahmen ab den 1970er Jahren 113 m Breite und 25 m Tiefe.[2] Heute ist die engste Stelle etwa 145/150 m breit. [3] Eine Strecke bei Bacharach hieß „das wilde Gefähr“. Deshalb waren genaue Orts- und Strömungskenntnisse für die Führung der Schiffe, Schlepper mit Schuten und besonders der Personenschiffe gefordert. Daher war der Einsatz von ortskundigen Lotsen üblich. So gab es 1950 noch Lotsenstationen in Bingen, Rüdesheim, Kaub, St. Goar (Wahrschauer und Lotsenmuseum), Oberspay, Koblenz, Urmitz und sogar Köln.[4]

Das änderte sich zunehmend mit dem Ausbau der Fahrrinnen durch vermehrtes Ausbaggern der eingetragenen Sande und Kiese und durch Sprengung der Felsbarrieren zum Beispiel am Binger Loch (bis 1974), aber auch durch die Steigerung der Motorleistung und durch die Einführung moderner Schiffsführungstechnik zum Beispiel durch Radar, so dass der Einsatz von Lotsen nicht mehr erforderlich war. Lotsenpflicht herrschte nie, da viele kleinere Partikuliere, das sind selbstfahrende Schiffseigner, auch ortskundig waren. Wer einen Lotsen brauchte, zeigte dies durch Setzen der Lotsenflagge an. Wer am längsten noch zum Schutze von Schiff und Passagieren Lotsen einsetzte, waren die Köln-Düsseldorfer Fahrgastschiffe. Zuletzt gab es noch Stationen in Bingen, Kaub und St. Goar.

Eine Besonderheit war der Boykott der französischen Schiffe nach dem Ersten Weltkrieg, worauf Frankreich eigene Stations de Pilote errichtete, die erst 1964 durch Vertrag der Beteiligten wieder aufgegeben und die Pilotes in die Deutschen Verbände eingegliedert wurden.[5]

Die Kauber Lotsengenossenschaft war 1950/1960 mit über 100 Lotsen und vier Lotsenbooten (je eines in Bingen und St. Goarshausen) die größte am Rhein. Am 31. Mai 1988 wurde mit Kaub die letzte Lotsenstation geschlossen. Der letzte Kauber Lotse, Karl Kilp, Jahrgang 1927, verfasste mit dem auch aus einer Schifferfamilie stammenden Willi Kimpel ein Buch über diese vergangene Zeit (Erstauflage 1993). Auch nach 1988 soll es bei extrem niedrigen Wasserständen noch zu gelegentlichen Anforderungen von Lotsen gekommen sein. Die Mehrzahl der Lotsen setzte sich zur Ruhe, wenn die Ersparnisse reichten, oder verdingte sich als Binnenschiffer oder musste versuchen, einen anderen Beruf zu finden.

Die ehemaligen Lotsenvereinigungen haben sich zu der Mittelrheinischen Vereinigung der Lotsengemeinschaften in Bingen, Kaub und St. Goar/Rhein mit Sitz in Kaub zusammengeschlossen.[6] Sie widmen sich in ihrem Verein der Traditionspflege und unterhalten in ihren Stationen kleine Museen. In der Kauber Station werden Bilder und Schiffsmodelle ausgestellt.[7] Eine größere Ausstellung ist im Wahrschauer- und Lotsenmuseum in St. Goar zu besuchen.[8]

 

Organisation

Die Lotsen waren selbständige in Genossenschaften zusammengeschlossene Unternehmer. Jeder Lotse bediente vorzugsweise seine Stammkunden, die er nach Abhören der „Schifffahrtsnachrichten“ im Radio mit Fernglas am Fenster seines Hauses mit Rheinblick und dann in der Lotsenstation erwartete. Die jüngeren mussten nehmen, was übrig blieb. Die Genossenschaft bezahlte und organisierte das Lotsenversetzboot, das schnelle und starke Boot des Lotsendienstes, das den Lotsen zum Schiff und vom Schiff zurück brachte, und den Lotsenbus, der die Lotsen vom Ende der Lotsenstrecke wieder zur Lotsenstation zurückbrachte. Jede örtliche Genossenschaft hatte eine bestimmte traditionelle Strecke zu bedienen: Die Kauber lotsten von Kaub „zu Berg“ bis Bingen und zu Tal bis St. Goarshausen. Die St. Goarer nur zu Berg von St. Goar ursprünglich bis Oberwesel und später bis Kaub und die Binger nur „zu Tal“ bis Kaub. Das hatte nur Sinn, wenn man dem Eingehen auf unterschiedliches Fahrverhalten des Schiffes und unterschiedliches Fließverhalten des Stromes Priorität vor dem freien Unternehmertum einräumt. Vor dem Zeitalter der schnellen Motorboote, musste jeder Lotse mit seiner Schaluppe der so genannten „Schlupp“, einem kleinen „Ein-Mann-Boot“, zum Schiff rudern und dann anschließend nach der Lotsenstrecke „im Schlepptau“ eines Schiffes oder zu Tal mit eigener Kraft wieder zurück mit dem Boot.

 

Ausbildung

Jeder Bewerber für den Lotsenberuf musste zuerst Schiffer werden, das heißt, er fuhr zuerst als Schiffsjunge, nach bestandener Bootsmannsprüfung als Matrose auf einem Binnenschiff auf dem Rhein und seinen Nebenflüssen. Mit frühestens 23 Jahren konnte er sich als Anwärter zur staatlichen Prüfung für das Rheinschifferpatent zum Führen von Schiffen mit eigener Triebkraft melden. Nach diesem Examen begann die eigentliche Ausbildung zum Lotsen. Sie dauerte zirka ein Jahr, umfasste mindestens 200 Lehrfahrten als Lotsenkandidat an der Seite eines „erfahrenen“ Lehrlotsen auf seiner Strecke. Die Prüfung zum Lotsenpatent für die Strecke, auf der er gelernt hatte, wurde vor einem Beamten des Wasser- und Schifffahrtsamtes Bingen und zwei beisitzenden Lotsenprüfmeistern der örtlichen Lotsengenossenschaft abgelegt. Selbstverständlich musste der Lotsenkandidat auch unbescholten sein.

 

Quelle:

Seite „Rheinlotse“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 6. März 2016, 11:35 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Rheinlotse&oldid=152228286 (Abgerufen:12. Mai 2017, 15:27 UTC)

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